Schmierstoff von Elf : Bimbes für Bongo

Vendredi 24 décembre 1999 — Dernier ajout samedi 26 mai 2007

Source Berlinonline

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Schmierstoff von Elf : Bimbes für Bongo

Wie Frankreichs Mineralölkonzern die Politik auf Touren brachte 24.12.1999

Wirtschaft - Seite 29

Ewald B. Schulte

BERLIN, 23. Dezember. Omar Bongo, Staatspräsident von Gabun, war sauer : Frankreichs Justiz hatte es gewagt, seine persönlichen Konten unter die Lupe zu nehmen im Zuge von Betrugs- und Korruptionsermittlungen gegen frühere Verantwortliche des französischen Mineralölkonzerns Elf Aquitaine.

Wutentbrannt verfasste Bongo ein Protestschreiben an einen langjährigen Freund im Elysee-Palast, Jacques Chirac. Dem hatte er in der Vergangenheit aus seiner Privatschatulle diverse Wahlkämpfe finanziert. Bongos Botschaft an den lieben « mon amie » war unmissverständlich : Würden die Ermittlungen nicht gestoppt, müsse er auspacken. Beispielsweise einige Details zu einem Deal, den Helmut Kohl und François Mitterrand persönlich eingefädelt hatten : Den Kauf der maroden Ostraffinierie Leuna durch Elf.

Die Eilpost aus Gabun von Ende 1996 zeigte in Frankreich Wirkung. In der benachbarten Schweiz dagegen nicht, wo der Genfer Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa auf Bitten der Pariser Justiz seit geraumer Zeit der Frage nachgeht, wer die von Elf für Leuna-« Provisionen » auf einem Genfer Konto geparkten 256 Millionen Francs (76,33 Millionen Mark) in welche Kanäle leitete.

Vor wenigen Wochen packte ein Elf-Mitarbeiter aus : Andre Tarallo, bis 1991 für Afrika zuständiger Manager des Ölkonzerns, räumte vor Gericht ein, dass Elf seine Fördergebiete im Golf von Guinea jahrelang mit Zahlungen an afrikanische Staatschefs absicherte. Einer der Begünstigten : Omar Bongo, an den über 200 Millionen Mark geflossen seien.

Genehmigung vom Minister

Der Bimbes für Bongo war keineswegs der einzige Fall, bei dem Elf in den Verdacht geriet, sich durch Bestechungsgelder im Ausland Vorteile zu verschaffen. Etwa in Venezuela, so berichtete die französische Presse unwidersprochen, habe der Konzern zur Sicherung seiner Interessen gut zehn Millionen US-Dollar an Vertraute des Staatschefs gezahlt.

Die französische Regierung war über solche Zahlungen in aller Regel unterrichtet wenn auch nicht immer über das wahre Ausmaß. Als Staatskonzern musste Elf sich solche Transfers vom Finanzministerium genehmigen lassen. Allein 1992, dem Jahr der milliardenschweren Raffinerie-Privatisierung in Leuna, soll Elf « Kommissions »-Zahlungen über mehr als 200 Millionen Mark zur Genehmigung vorgelegt haben.

Unter Mitterrand funktionierte das System bis zur Wahlniederlage der Sozialisten 1993 wie geschmiert. Was Elf nutzte, war schließlich auch für Frankreich von Vorteil. Und für seine Politiker. Denn zur Tradition des Konzerns gehört es, dass von solchen Schwarzgeldern stets Sondermittel für die Politik in Frankreich abgezweigt wurden, die oft auf verschlungenen Pfaden via Ausland ihre Empfänger erreichten.

Frankreichs Ex-Premier Pierre Beregovoy, ein Vertrauter Kohls, der sich unter mysteriösen Umstanden das Leben nahm, soll einer der Nutznießer gewesen sein. Ebenso Mitterrand selbst. Und der frühere Außenminister Roland Dumas, dessen Geliebte Christine Deviers-Joncour erst am vergangenen Freitag den Genfer Ermittlern zum charmanten Plausch über Dumas eventuelle Verstrickung in den Elf-Leuna-Komplex zur Verfügung stand.

Als der frühere Geheimdienstchef Pierre Guilleaumat den Elf-Konzern 1964 gründete, waren die Motive klar : Interessenwahrung der Ex-Kolonialmacht Frankreich im Ausland plus Parteienfinanzierung daheim. Zielsetzungen, mit denen Elf-Chef Loik Le Floch-Prigent ab 1991 vor seinem Aufsichtsrat für das umstrittene Elf-Engagement in Leuna warb. Der Manager rechtfertigte das Geschäft mit üppigen Subventionen aus Deutschland, zwei Milliarden Mark. Hinzu komme das « Gewicht wichtiger politischer Überlegungen, besonders im Zusammenhang mit Wahlen ».

Bei Kennern des Elf-Jargons nährte das schon damals den Verdacht auf verdeckte Parteienfinanzierung. Den Auftrag für den Leuna-Deal habe er von Mitterrand persönlich bereits Anfang 1991 erhalten, bekannte Le Floch-Prigent. Mitterrand habe gesagt : « Mein Freund Kohl möchte, dass Elf gleichzeitig mit den Minol-Tankstellen auch Leuna kauft. »

« Reihe von Geldgeschäften »

Der Genfer Generalstaatsanwalt Bertossa bestätigte der « Berliner Zeitung », dass seine Ermittler im Elf-Leuna-Komplex in der Schweiz verdächtige Geldtransfers von bislang mehr als 1,2 Milliarden Mark ausgemacht hätten. Bereits Mitte der Woche hatte Elf eingeräumt, dass der Konzern ausgerechnet in den Leuna-Jahren 1992/93 « Opfer einer Reihe von Geldgeschäften » geworden sei. Und : Die darin verwickelten Personen hätten längst « alle das Unternehmen verlassen ».

ELF AQUITAINE Nützliche Verbindung // Auf Initiative Helmut Kohls errichtete Elf mit Subventionen von mehr als zwei Milliarden Mark die Raffinerie in Leuna. Ein Teil der Gelder soll französischen Ermittlungen zufolge für Schmiergeldzahlungen eingesetzt worden sein.

« Bimbes » (Geld in Kohls Pfälzer Mundart) setzte Elf auch zur Sicherung afrikanischer Erdölförderrechte ein. Gabuns Staatschef Omar Bongo kassierte angeblich mehr als 200 Millionen Mark.

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